Über ein Interview mit Olivia Arthur

Eine respektvolle Begegnung zwischen dem Touristen und dem Einheimischen. Was nun, wenn jedoch der Tourist eine Touristin ist, und sich anders verhält, sich anders kleidet und andere Dinge ausstrahlt als die vor Ort lebenden Damen? Ich weiß, Istanbul ist nicht das beste Beispiel. Da gibt es natürlich sehr viele Frauen, die sich nicht verschleiern, ein selbstbestimmtes Leben führen und ihren selbstgewählten Jobs nachgehen. Es ist sowieso unglaublich engstirnig und naiv die Traditionen des Islam zu pauschalisieren und dann überall auf der subjektiven, jedem Hirn inhärenten Karte, anzusiedeln, wo ein Teil der Gesellschaft muslimisch ist. Allerdings bietet Istanbul eine gute Grundlage für meine Überlegungen, denn dort habe ich selbst und am eigenen Körper gespürt, wie es ist, wenn verschiedene Kulturen und Religionen aufeinanderstoßen.

Die Männer dort begegnen den Touristinnen entweder mit unverhohlenem Interesse, indem sie uns verbal oder mit offensichtlich anzüglichen Blicken anmachen. Oder sie billigen den in ihren Augen freizügigen und kulturfremden Auftritt überhaupt nicht. Das merkt man dann vor allem daran, dass sie die Touristinnen voller Abneigung oder eben mutwillig ignorieren. Diese Blicke und dieses "Behandelt werden" werden natürlich andererseits durch uns Touristinnen subjektiv gedeutet. Es kann nämlich durchaus sein, dass wir in Gesten und Mimiken Bedeutungen hineininterpretieren, die gar nichts mit der Ursprünglichen Absicht zu tun haben. Genau diese, vielleicht reflexartige Entscheidung, wie, in diesem Fall türkische Männer den Touristinnen gegenübertreten, und wie im Umkehrschluss die Touristinnen auf diese reagieren, können eine Flut von Missverständnissen auslösen, durch die beide Seiten verschiedene normative Respektvorstellungen als missachtet betrachten. Beide Parteien- Touristen und Einheimische müssen sich entscheiden, wie sie den kulturellen Unterschieden, auf die sie auf ihrem Weg treffen, gegenübertreten.

Die Frau hat in der muslimischen Welt jedenfalls eine divergente Rolle und Stellung als die Frau in der westlichen Welt.

Auf diese möchte ich nun etwas näher eingehen. Wie werden diese, in der muslimischen Welt beheimateten Frauen, behandelt? Von den Männern, der Gesellschaft, der Regierung? Ich denke, diese ist eine sehr komplexe Fragestellung, auf die ich nur fragmentarisch eingehen kann. Meine Idee ist, als erstes die Situation der Frau in Saudi-Arabien bruchstückhaft und anhand von Beispielen anzureißen, und mich so dem Thema der generellen sozialen Stellung der Frau in der Islamischen Welt anzunähern.

Das Thema der Frau in Saudi-Arabien kam mir in den Sinn, als ich beim Lesen des Zeit-Magazins auf ein Interview mit Olivia Arthur, einer Journalistin aus London gestoßen bin. Sie fotografierte Frauen in Saudi-Arabien, vor allem auch in privaten Szenerien, und musste ihnen versprechen, ihre Gesichter im Nachhinein unkenntlich zu machen. Sie haben Angst, dass die Bilder, auf denen sie unverschleiert und in allzu intimen Situationen dargestellt sind, an die Öffentlichkeit gelangen. Unter Umständen würden ihnen gesellschaftliche oder strafrechtliche Sanktionen drohen. Olivia Arthur spricht außerdem über ihr persönliches Bild der saudi-arabischen Frau. Der Artikel hat mich sehr beschäftigt, denn mir war nicht bewusst, wie paradox die beiden Welten sind, in denen sich die saudischen Frauen bewegen. Sie haben einerseits ihr öffentliches Leben, in dem sie dem Gesetz nach verhüllt sein müssen, nicht reisen und arbeiten dürfen, und kaum die Chance haben sich von ihren Ehepartnern scheiden zu lassen. In dieser Welt sind ihre Männer für sie verantwortlich; nichts dürfen sie tun, ohne einen für sie verantwortlichen Mann an ihrer Seite. Die andere Welt, die sich krass von dieser unterscheidet, ist ihre private Welt, nur unter Frauen, hinter den vier Wänden. Sie verschleiern sich nicht, tragen kurze Röcke, gehen auf Partys und haben Affären. Jedoch passiert dies alles mit Ausschluss des öffentlichen Blickes. Die Fotografin hat den Eindruck, dass all dies nicht aus religiösen Gründen, sondern aus gesellschaftlichen Prestige-Gründen geschieht. Es sei wichtig, was die Nachbarn über die Frauen denken, nicht ob die religiösen Vorschriften befolgt würden. Eine Ambivalenz findet man nicht nur in den verschiedenen Welten der Frauen, sondern auch unter den Frauen selbst. Es gibt einige, die ihre determinierte Situation akzeptieren, und es gibt den anderen Teil unter ihnen, der sich diskriminiert fühlt. (Wie ich finde zu Recht). 1

Hier der Link zur Homepage von Olivia Arthur, auf der auch einige Fotos aus dem Interview im Zeit-Magazin abgebildet sind. http://www.oliviaarthur.com/

Ich denke, dass vor allem durch die Medien, und die Globalisierung die Zahl der Frauen steigt, die sich ungerecht behandelt und diskriminiert fühlen. Sie sehen Touristinnen, denen es zum Teil erlaubt ist unverschleiert auf Saudi-Arabiens Straßen umherzulaufen, und werden so zum Denken angestoßen. Sie sehen türkische Soaps, in denen die Frauen wohl ein freizügigeres Leben führen können als in ihrem Land und beginnen ihr Leben mit deren Leben zu vergleichen. Sie werden mit anderen Bildkonzepten konfrontiert. Im Westen wird viel gezeigt, in Saudi- Arabien alles verhüllt. Wie verschieden die Saudi- Arabischen Bildkonzepte von den westlichen sind, kann man auch gut anhand des Ikea Werbekatalogs betrachten: Hierzu möchte ich den Link zu einem Spiegel-Online Artikel vom 01.10.2012 anführen:

http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/ikea-zensiert-frauenbilder-in-katalog-fuer-saudi-arabien-a-858929.html

Die europäische Frau auf dem Katalogcover wird in Saudi-Arabien, da sie nicht verhüllt ist, einfach rausgeschnitten und gelöscht. Somit bekommen die Menschen dort nur die "zensierte" Ausgabe des Werbekatalogs zu sehen.







1 Jana Simon, Zeitmagazin Nr. 27, 28.06.2012, S. 33.

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