Ich resümiere
Ich beschäftigte mich mit dem Unterschied zwischen Zufall und Schicksal und kam zu der Erkenntnis dass ich, egal ob Zufall oder Schicksal, enorm dankbar dafür sein kann in einem europäischen Land geboren zu sein, in dem es den Menschen dank dem herrschenden Sozialstaat gut geht. Außerdem lebe ich in einer Zeit, in der es möglich ist, sein Zuhause aufzubauen wo man will, und dort hin zu reisen, wo man möchte. Dabei ist eines besonders wichtig: der Respekt gegenüber den Menschen, auf die man unterwegs trifft. Ein Thema, das mich besonders interessiert, da ich selbst ein sehr reiselustiges, fast schon nach Reisen süchtiges Wesen bin. Mein Sinn für Gerechtigkeit ist immens, ja, ich leide fast schon unter Harmoniesucht. Ganz zu schweigen von einem latenten Pazifismus, der meine Gedanken und Einstellungen maßgeblich prägt. So wurde das Thema des Blogs allmählich zu MEINEM Thema, und je mehr Zeit verstrich, je mehr ich mich mit den einzelnen Texten befasste, desto mehr entwickelte ich ein Interesse am guten Gelingen meiner Einträge. In Johannes Fabians Werk „Im Tropenfieber“ fand ich heraus, wie es mit dem Respekt von weißen Kolonialreisenden gegenüber den farbigen Einheimischen bestellt war- nicht gut. Und setzte mich mit den negativen Nebenwirkungen der UNO Friedenssicherungsmissionen auseinander, bei denen viele Frauen und Kinder in Krisenregionen von den Friedenswächtern statt Unterstützung, sexuelle Ausbeutung erfahren. Abschließend führte ich ein Interview mit einem jungen Afrikareisenden, der mir seine Erfahrungen in Bezug auf das Zusammentreffen mit Einheimischen schilderte.
Insgesamt haben mich die Themen, mit denen ich mich beschäftigt habe, sehr interessiert und ich kam für mich selbst zu dem Schluss, dass sowohl der Reisende, als auch im Land angetroffene je nach Situation der Behandelte oder der Behandelnde sein kann. Die beiden Begriffe sind für mich mit der Zeit variabel geworden. Kein Akteur kann handeln ohne selbst Patient, also Behandelter zu sein. Der Akteur ist gleichzeitig Patient, behandelt durch andere Akteure, die menschlich sein können, aber nicht müssen. So können spezielle Situationen als Akteur fungieren und Patienten behandeln. Im Fall der UNO Peacekeepers zum Beispiel, kann die UNO primär als Akteur gesehen werden, der die Friedenswächter durch ihr Friedensprogramm in eine spezielle Situation bringt, diese also behandelt. Indem die Friedenswächter einer Mission unterstellt sind, und gleichzeitig andere Menschen behandeln, indem sie diese missbrauchen, sind sie Patienten und Akteure zugleich. Es besteht ein Kontinuum zwischen Akteuren und Patienten, keine der Rollen ist klar definierbar, es gibt eine fließende Grenze; sie überschneiden sich ständig, verschmelzen, fusionieren zu einem riesigen Knäuel, zu einem sozialen Netzwerk, zu einem Netzwerk das in der aktuellen Form ein zeitliches Ablaufdatum besitzt. Das Netzwerk ist nämlich immer orts- und zeitabhängig.
Ich bin zufrieden- mit meinem Netzwerk, mit dem Netzwerk, in dem ich mich gerade befinde. Ich definiere „gerade“ als mein drittes Semester in meinem LKM Studium. Ich lebe in einer tollen WG, habe ein Studium, das mich interessiert und erfüllt, und fühle mich wohl in meiner Stadt und mit meinen Freunden. Ich bezweifle, dass ich der einzige Akteur in meinem System bin. Ich werde behandelt, ständig und von allen/m. Aber ist das schlimm? Ist das nicht gerade das, was das Leben spannend und lebenswert macht? Die Aussicht auf überraschende Wendungen, noch unbekannte Situationen und Menschen denen man begegnen wird? ANT ist Abenteuer, ANT ist Leben.