Sonntag, 27. Januar 2013

Peacekeeper bewahren nicht immer den Frieden!

Ich möchte heute der Frage nachgehen, was in der gegenwärtigen Zeit passiert, wenn Menschen verschiedener Nationen durch offizielle Missionen auf einheimische Menschen anderer Nationen treffen. Die Reisenden sind dabei nicht privat unterwegs, und haben somit nur begrenzt die Möglichkeit, ihren Reisealltag zu gestalten. Sie befinden sich in bestimmten persistenten und unmittelbaren Situationen, die teilweise fremdbestimmt sind. Wie gehen sich in Missionen befindende Menschen heutzutage mit denen um, auf die sie im fremden Land treffen?

Auf der Suche nach einem geeigneten Beitrag zu diesem Thema stieß ich auf das spannungsgeladene Sujet der UNO Friedenssicherung, die seit 1948 63 Friedenseinsätze leitete, an denen mehr als eine Million Soldaten, zehntausende UNO-Polizisten und zivile Mitarbeiter aus über 120 Nationen teilgenommen hatten. Die Friedenssicherung hatte in ihrer Anfangszeit als Ziel, den Waffenstillstand in Ländern zu sichern, die durch Kriege oder kriegsähnlichen Zustände in einen wirtschaftlichen, sozialen und politisch labilen Zustand geraten sind. Die Lage vor Ort sollte dann so lange stabilisiert werden, bis auf politischer Ebene Maßnahmen zum Beilegen des Streits vollzogen werden konnten. Einige Einsätze wurden auch vorgenommen, um Friedensabkommen umzusetzen, die nach Zeiten langer Konflikte beschlossen wurden. Es musste so viel Stabilität in ein Land gebracht werden, dass es möglich war, eine Regierung aufzubauen und eine demokratische Institutionen zu errichten. Die Einsätze wurden mit der Zeit immer komplexer, wodurch die Aufgaben der Friedenswächter auch immer vielseitiger wurden. Die heutigen Peacekeeper haben die Aufgaben Menschenrechte zu schützen, frühere Kombattanten zu reintegrieren, eine Regierungssituation zu schaffen, Sicherheit herzustellen und Entwaffnungen umzusetzen. Außerdem haben sich die äußeren Bedingungen geändert. Früher kämpften eindeutige Armeen mit eindeutigen Hierarchien und einzelne Staaten gegeneinander, heute 


fusionieren verschiedene Parteien innerhalb eines Landes ohne deutlich erkennbare Grenzen, und Akteure die keine Staaten mehr sind, befinden sich im Konflikt. Im Übrigen bekriegen sich verschiedene Rebellengruppen innerhalb eines Staates, meistens begleitet von einer nicht funktionierenden Regierung. Wenn Peacekeeper nun in kriegsgefährdeten oder sich im Krieg befindenden Staaten eingesetzt werden, befinden sich diese nicht mehr im Krieg mit anderen Staaten, sondern kämpfen meistens mit Konflikten und Spannungen innerhalb des eigenen Landes. Das Militär bildet bei Friedenseinsätzen zwar die Majorität innerhalb eines Friedenssicherungskommandos, jedoch sind auch viele Verwaltungsspezialisten, Wirtschaftswissenschaftler, Polizisten, Juristen, Minenräumer, Wahl- und Menschenrechtsbeobachter sowie Kommunikationsspezialisten beteiligt.

Bei den ersten Friedenseinsätzen 1948 kamen die Mitglieder der UNO Truppen meistens aus Europa, Nord- und Südamerika, Australien und Neuseeland. Die Peacekeeper waren alle unbewaffnete, männliche Militärbeobachter. Heute kommen die meisten Peacekeeper aus Südasien (Pakistan, Bangladesh, Indien, Sri Lanka und Nepal), und Afrika (Ghana und Nigeria) oder aus arabischen oder lateinamerikanischen Staaten. 1

Wie auf der Internetseite des Regionalen Informationszentrums der Vereinten Nationen für Westeuropa zu lesen ist, sei die „UNO-Friedenssicherung [ist] ein unabdingbares, stabilisierendes Element, das Sicherheit nach Konflikten schafft und die Fortsetzung von Friedensbemühungen erlaubt, aber es [...] [sei] nicht das einzige Mittel um Krisensituationen anzugehen. […] Die UNO ist der größte multilaterale Akteur bei der Stabilisierung von Staaten nach Konflikten weltweit. Nur die Vereinigten Staaten von Amerika setzen mehr Militärpersonal als die Vereinten Nationen ein.[...] Die UNO hat keine eigenen Streitkräfte. Sie ist abhängig von der Mitwirkung der Mitgliedsstaaten. Im Februar 2008 haben 118 Staaten Militär- und Polizeikräfte für UNO-Friedenseinsätze bereitgestellt.“ 2 So waren 2008 80.000 Soldaten und Militärbeobachter, 5000 Zivilkräfte aus vielen verschiedenen Ländern, mehr als 12.000 lokale Zivilkräfte und ca. 2000 Freiwillige aus mehr als 160 Ländern im UNO Dienst.

Jedoch hatten nicht alle dieser Friedensmissionen Erfolg. Unter anderem wirft man der UNO Friedenssicherung vor, sie habe 1993 in Bosnien (bei einem Massaker, bei dem 8000 Bosnier getötet wurden), 1994 in Ruanda (während dem Genozid von rund 1.000.000 Menschen) und 2010 im Kongo (bei Massenvergewaltigungen von 242 Frauen und Kindern) falsch reagiert, da sie nicht adäquat eingegriffen hätten. 3

Die Friedenssicherung vollbringt also durchaus nicht nur positive und Frieden fördernde Taten. Seit einigen Jahren wird den Peacekeepern (auf Deutsch werden diese auch als Blauhelme bezeichnet) außerdem vorgeworfen, in die Länder, in denen sie Frieden stiften sollen und in die sie zum Schlichten gekommen sind, selbst Unheil zu verbreiten, und menschenrechtsverletzend zu handeln.4 Es ist sogar wohlbekannt, dass das Potential des sexuellen Missbrauchs in Friedenssicherungseinsätzen relativ hoch ist. Der beigeordnete Generalsekretär der Friedenssicherung gab überdies kund, dass sexueller Missbrauch in jeder einzelnen UN Friedensmission ein Problem oder immerhin ein potentielles Problem darstelle. 5 So werden die Blauhemke in verschiedenen Ländern unter anderem immer wieder des sexuellen Fehlverhaltens, darunter sexuelle Übergriffe, Missbrauch, Belästigungen, illegaler Menschenhandel und sexuelle Ausbeutung von Frauen und Mädchen, aber auch von Männern und Jungen beschuldigt. Oft sind die Opfer der Blauhelme Einheimische oder gehören einer bestimmten Bevölkerungsgruppe an. 6 Da die große Mehrheit der Männer, die in Kriegsgebiete kommen, egal woher, großteils militanten maskulinen Werthintergrund hat, und sie sich in einer männerdominierten Umgebung befinden, wird ihnen eine hypermaskulines Verhalten unterstellt. Das hat zur Folge, dass extreme Verhaltensweisen wie sexuelle Ausbeutungen und Missbrauch toleriert werden und darüber stillgeschwiegen wird. 7

Die Folgen sind für die Opfer oft zerschmetternd, sie tragen physische Leiden, darunter chronische Schmerzen, Infektionen und Unfruchtbarkeit, sowie Traumata, Depressionen und andere psychische Leiden davon. Die Depressionen führen nicht selten zu Selbstmord. Häufig kommen die Babys von Vergewaltigungsopfern auf die Welt und werden von Anfang von Verwandten und Bekannten der Mutter ausgestoßen und abgelehnt. Ein weiteres Risiko ist auch die Verbreitung von HIV, die des öfteren dort ansteigt, wo sich Blauhelme für Friedensmissionen einfinden. 8

Bei den bekannt gewordenen Fällen über Kindesmissbrauch, besonders in Haiti und der Elfenbeinküste, traten erschreckende Befunde ans Licht. UNO Friedenswächter sollen Kinder mit kleinen Portionen an Nahrung, wie zwei Hühnereier, ein Glas Milch, Erdnussbutter, Seife oder ein paar Dollar für ihre sexuellen Leistungen „bezahlt“ haben. 9 Die Organisation „Save the Children“ berichtete 2007 von 23 humanitären und friedenserhaltende Organisationen, die in der Elfenbeinküste, Haiti und Südsudan mit sexueller Ausbeutung in Verbindung gebracht wurden. 10 Da die Friedenstruppen an erster Stelle kommen, um den Frieden in einem Land herzustellen, zu verteidigen und zu etablieren stellt ein solches Handeln einen eindeutigen Kontrast zu deren ursprünglichen Intentionen dar. Es ist sogar sehr beunruhigend, die Menschen, die als Beschützer fungieren sollen, in solchen verachtungswürdigen Handlungen verwickelt zu entdecken. Es ist klar, dass die Glaubwürdigkeit des UNO Generalsekretärs, der UNO Friedenseinsätze als Instrument internationale Konflikte zu managen, und die generelle Glaubwürdigkeit der UNO dadurch hochgradig leidet. 11




1 vgl http://www.unric.org/de/pressemitteilungen/17474-60-jahre-friedenssicherung-der-vereinten-nationen-hintergrundinformation , zuletzt aufgerufen am 27.01.2013
2 ebd.
3 vgl. ebd.
4 vgl. United Nations, Annual Reports, New Yorck, 2005,2006,2007.
5 vgl. Sarah Martin, Must boy be boys? Endig sexual violence and abuse in UN peacekeeping missions, Washington DC, 2005.
6 vgl. Megan Bastick, Karin Grimm und Rahel Kunz, Sexual violence in armed conflict: Global overview and implications for the security sector, Geneva, 2007, S. 14.
7 vgl. Sarah Martin, Must boy be boys? Endig sexual violence and abuse in UN peacekeeping missions, Washington DC, 2005.
8 vgl. Carol Allais, Sexual exploitation and abuse by UN peacekeepers: The psychological context of behaviour change, Department of Sociology, University of South Africa.
9 ebd.
10 vgl. Corinna Csáky, No one to turn to: The Under- Reporting of child sexual exploitation and abuse by aid workers and peacekeepers, Save the Children, London, 2008.
11 vgl. Carol Allais, Sexual exploitation and abuse by UN peacekeepers: The psychological context of behaviour change, Department of Sociology, University of South Africa.

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